Durch die globale Ausbreitung des SARS-COV-2 Virus wurden die allermeisten der bisherigen Aktivitäten von Bbanga Project auf den Inseln des Viktoriasees zu einem abrupten Halt gebracht. Im Eiltempo mussten die Strategien der rund 25 Freiwilligen in Österreich und 2 Fixangestellten in Uganda angepasst, kurzfristige Lösungen gefunden und neue Kooperationen gestartet werden, um die Bevölkerung der Ssese-Inseln im Überlebenskampf gegen die Pandemie, steigende Lebensmittelpreise und häusliche sowie instutionelle Gewalt zu unterstützen. Lest hier, wie unsere MitarbeiterInnen Edi und Annet aus Uganda mit unseren PartnerInnen auf den Ssese-Inseln dabei helfen.
Während in Österreich und Mitteleuropa Geschäfte und Schulen wieder aufsperren, die Menschen wieder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren können und auch das ein oder andere Erfrischungsgetränk im Schanigarten nicht mehr fern zu sein scheint, kämpfen viele Länder des globalen Südens nicht nur mit den Folgen der weltweiten Ausbreitung des SARS-COV-2 Virus und der damit einhergehenden Erkrankung, sondern auch mit den brutalen wirtschaftlichen Konsequenzen der, oft rücksichtslos und mittels körperlicher Gewalt, durchgesetzten Maßnahmen. Dabei wurden rasch nach der Verlautbarung der Strategien der Regierungen etwa von Ländern wie Kenia, Südafrika oder Uganda, Zweifel laut, ob der Fahrplan gegen die Ausbreitung von Covid-19, der in westlichen und entwickelten Ländern wie Österreich und Deutschland aus Shutdown und Social Distancing zu einem in Kauf genommenen hohen wirtschaftlichen Preis gefahren wird, in developing countries umsetzbar und überhaupt sinnvoll ist. So warnte die internationale NGO Oxfam davor, dass die Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Corona-Virus von Ländern des globalen Nordens entwickelt und eingesetzt wurden, in Entwicklungsländern dazu führen könnte, dass bis zu 500 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze fallen.
Auch Vertreter aus der Wissenschaft, wie Ahmed Mushfiq Mobarak, Wirtschaftsökonom der Yale University (USA), mahnten dazu, das Vorgehen in den einzelnen Ländern vorsichtig abzuwägen und an die jeweiligen herrschenden Bedingungen anzupassen. In einem Interview mit der Dhaka Tribune meinte der Forscher: „In Bangladesh oder jedem anderen armen Land, ist die Antwort auf diese grundsätzliche Frage [der Kosten, die ein Land willens ist im Kampf gegen Covid-19 aufzubringen] nicht so eindeutig. Wir reden hier über Leute, die größtenteils selbstständig sind; tageweise Beschäftigte, Menschen, die nicht einmal von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck leben – sondern wirklich von der Hand in den Mund. Sie sind abhängig davon, was sie an diesem einen Tag oder in dieser einen Woche verdienen können, je nachdem, welche Arbeit sie bekommen.“ [eigene Übersetzung, Anm.].
Diese Worte klingen ähnlich wie die, die Edgar Kawooya, Mitgründer und einer der zwei VollzeitmitarbeiterInnen von Bbanga Project, nach Österreich schickt. „Im ganzen Land herrscht eine unbeschreibliche Stimmung, die von Angst, Unsicherheit, Misstrauen, Hunger und Leid geprägt ist. Große Teile unserer Bevölkerung leben von Tag zu Tag und haben einfach nicht die finanziellen Mittel, um einen Lockdown zu überleben.“
Zur Situation auf den Ssese-Inseln, wo die kleine Wiener NGO hauptsächlich im Einsatz ist, meinte Kawooya: „Durch die starken Regenfälle war die Situation bereits vor der Verkündung des Lockdowns angespannt. Viele Häuser und Felder wurden überflutet und so kompeltt zerstört. Außerdem ist der Wasserspiegel des Viktoria-Sees so stark gestiegen, dass die Fährverbindung zum Festland eingestellt wurde – und natürlich auch jetzt im Shutdown nicht wieder aufgenommen werden konnte. Dadurch fehlt es auf den Inseln an vielen Dingen des täglichen Gebrauchs. Durch die angespannte Lage und die unsichere Versorgungslage gibt es auch vermehrt Fälle von häuslicher Gewalt, Diebstahl und Raub. Darüber hinaus wurden viele Leute von Polizei und Miltiär gewaltsam zur Einhaltung der von Präsident Museveni verordneten Maßnahmen gezwungen. Wir hatten auf den Inseln viele Berichte von Polizeigewalt und Verletzungen durch Militär und Polizei, von Schlägen bis hin zu Schussverletzungen, an denen auch bereits Menschen verstorben sind.“
Allerdings konnten wir von Bbanga Project schnell reagieren. Durch kreative Fundraising-Intiativen, viel privates Commitment und einer gründlichen Umverteilung von bestehenden finanziellen Mitteln konnten im ersten Monat der Corona-Krise bereits eine Versorgung mit Lebensmitteln für über 200 bedürftige Familien sichergestellt werden. Zusätzlich bekamen über 820 Menschen ein „Bbanga Care Package“, das aus unverderblichen Lebensmitteln, Obst, Gemüse, Handdesinfektionsmittel und Seife bestand. In Kooperation mit Dr. Suuna, dem einzigen Arzt auf der Hauptinsel Buggala und dem Leiter des Kalangala Health Centers, wurde ein Corona-Awareness und Präventions-Radiospot aufgenommen, der im ersten Monat mehrere Male täglich von der einzigen Radiostation auf Buggala gesendet wurde, um die Bevölkerung über das Virus, Ansteckungswege und Ausbreitung zu informieren und darüber, wie sie sich im Fall einer Infektion zu verhalten hätten. In Kooperation mit dem Roten Kreuz Kalangala wurden Fieberchecks an den Anlegeplätzen der Inseln organisiert, die die Ausbreitung des Virus auf den Inseln nachvollziehbar machen sollten. Für einige der besonders bedürftigen Familien, die von Bbanga Project unterstützt werden, gab es ein Medical Package, das aus Gratis-Untersuchungen, -Behandlungen und -Medikamenten für bestehende Vorerkrankungen bestand, sodass Gesundheitszustand und Immunsystem dieser besonders verwundbaren Familien in Antizipation der Virus-Ausbreitung gestärkt wurden. Zusätzlich wurde eine Datenbank von Notfallkontakten eingerichtet und mit allen der kleinen fishing communities auf den umliegenden Inseln geteilt. Sie besteht aus den Daten von Personen, die eine movement permit (im Moment ist es in Uganda nur mit einem Amtsschein gestattet, sich außerhalb der eigenen vier Wände zu bewegen) besitzen und Versorgungsdienste übernehmen können, oder im medizinischen Notfall Menschen in das Health Centre transportieren können. Darüber hinaus hat Bbanga Project einen Food Pick Up Service organisiert, bei dem Lebensmittelhändler Listen von Familien bekamen, die sich dann ein Lebensmittelpackage abholen konnten, das von Bbanga Project bezahlt wurde.
Der Gründer von Bbanga Project, Hassan Hayatbakhsh, weiß aber auch um die Herausforderungen, vor die Bbanga Project, ebenso wie die meisten anderen kleinen NGOs und gemeinnützigen Vereine, im Moment gestellt ist: „Unser Team hat bereits tolle Arbeit geleistet, aber durch die globale Krise, die auf die Ausbreitung des Corona-Virus folgte, haben wir mit einem doppelten Problem zu kämpfen. Einerseits wurde ein Großteil der üblichen Fundraising-Strategien (Events, Sommerfeste, Auftritte von KünstlerInnen zugunsten des Projekts, etc.) hier in Österreich durch die verordneten Maßnahmen zumindest bis nach dem Sommer unmöglich gemacht. Gleichzeitig spitzte sich die Situation in Uganda in den letzten Wochen dramatisch zu und die Familien und Communities, für die sich Bbanga Project normalerweise stark macht, haben mit stark steigenden Lebensmittelpreisen und einer sich ständig verschlechternden Versorgungssituation auf den Inseln zu kämpfen. So ist gerade jetzt schnelle und unkomplizierte finanzielle Hilfe in der Form von Mobile Money (bargeldloses Zahlungssystem, das über Simkarten verwaltet wird, Anm.) wichtiger denn je.“
Wir von Bbanga Project haben nun deswegen auch nach neuen und kreativen Wegen gesucht, um den Menschen auf den Ssese-Inseln tatsächlich schnelle und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen. Folgt unseren Social Media Kanälen (Instagram, Facebook) um über aktuelle Fundraising Kampagnen informiert zu bleiben. Freie Spenden für unseren Corona-Ersthilfe Fonds können hier getätigt werden. Auch über unseren Newsletter bleibt Ihr immer über die Aktivitäten von Bbanga Project am Laufenden.
UPDATE DEZEMBER 2020:
Die Corona-Krise hält die Welt nun mittlerweile seit über 9 Monaten fest im Griff – auch wenn die Hoffnung auf einen Impfstoff und damit einer deutlichen Entspannung der Lage immer konkreter wird, ist die Situation, durch die oben beschriebenen Gründe auch auf den Ssese-Inseln nach wie vor äußerst angespannt. Unsere Members on the Ground, Edi und Anett, haben dieses Jahr, mehr noch als sonst, unter Beweis gestellt, dass Ihnen kein Projekt zu kompliziert ist, keine Idee nicht umsetzbar oder zu groß. Sie kämpfen seit mittlerweile einem guten dreiviertel Jahr dafür, dass die Familien, die von uns unterstützt werden, sowohl ein Dach über dem Kopf haben (finanzielle Hilfe zu Miet & Pacht), als auch genügend Essen im Bauch (Lebensmittelverteilung, besonders auch Obst & Gemüse, um das Immunsystem zu stärken). Sie informieren und klären die Bevölkerung vor Ort über Covid auf und schaffen Bewusstsein für Hygiene und Abstandsregeln (inklusive Hygienepackages mit Hand Sanitizer & Seife). Und, damit auch das Kernanliegen von Bbanga Project nicht zu kurz kommt, hat Anett gemeinsam mit einigen der älteren Bbanga-Kids ein Tutoren-Programm ins Leben gerufen. Alles das, verdient nicht nur unseren Dank, sondern vor allem unsere Hochachtung!
Namuli 2013